Sri Lanka

Kinder in schwierigen Verhältnissen

In Sri Lanka leben und wirken 80 Salvatorianerinnen. Seit der Tsunami-Katastrophe 2004 und dem Ende des über 25 Jahre wütenden Bürgerkrieges kümmern sich die Schwestern um Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder traumatisiert sind.

Sriya blickt auf den staubigen Weg vor dem Zentrum der Salvatorianerinnen in Mannar. 15 Jahre sind vergangen, seit der Bürgerkrieg in Sri Lanka ihr Leben aus der Bahn geworfen hat. Ihre Eltern und ihre Schwester wurden getötet. Lange Zeit blieb das Strahlen ihrer Augen verborgen. Die heute 22-Jährige war das erste Kind im Child Development Centre im Norden Sri Lankas. Hier geben die Salvatorianerinnen seit 2010 Kriegswaisen und traumatisierten Kindern eine neue Perspektive. Heute ist Sriya zu Besuch gekommen; sie hat den Kontakt zu den Schwestern auch nach ihrer Volljährigkeit aufrechterhalten. Die Schwestern sind für immer in ihrem Herzen.

Das Zentrum wurde 2010, ein Jahr nach dem Ende des Bürgerkrieges, gegründet. Die Region um Mannar war stark umkämpft, zahllose Familien waren auseinandergerissen. „Wir begannen unsere Arbeit einige Monate nach Kriegsende. Sriya war eines der ersten fünf Kinder“, erinnert sich Sr. Ranjana Silvapulle. Bis vor Kurzem leitete sie das Zentrum. Aktuell schließt sie ihr Studium als Psychologin ab.

Ein Zuhause inmitten der Zerstörung

Der Anfang war schwer. Die erste Unterkunft war ein einfacher, strohgedeckter Schuppen. Die Armee war allgegenwärtig, Angst und Unsicherheit prägten den Alltag. Doch nach und nach gelang es, ein festes Zentrum zu errichten. Dank zahlreicher Spenden entstand ein Zufluchtsort für Kinder, die sonst auf der Straße oder in überfüllten Lagern gelandet wären, die von der Regierung für Flüchtlinge errichtet wurden, aber kaum eine Perspektive bieten.

Heute ist das Child Development Centre ein Ort des Lachens und der Geborgenheit. „Jedes Kind hier hat Schreckliches erlebt“, sagt Sr. Ranjana. Manche wurden im Krieg zu Waisen, andere erlebten Gewalt, Missbrauch oder sexuelle Ausbeutung. Nach wie vor sind alle Zimmer im Zentrum der Salvatorianerinnen belegt. Die Schwestern helfen mit psychologischer Betreuung, festen Tagesstrukturen und liebevoller Zuwendung. „Was diese Kinder am meisten brauchen, ist Liebe und Fürsorge“, betont Sr. Ranjana.

So auch Vibha. Ihre Mutter ist mental beeinträchtigt und lebt mittlerweile in einem Schutzhaus, weil sie immer wieder Opfer von Attacken wurde. Bevor sie zu Sr. Ranjana und ihren Mitschwestern kam, lebte sie bei ihrer blinden Großmutter, die mit der Betreuung völlig überfordert war. Schritt für Schritt haben die Schwestern Vibha stabilisiert. Sie kann sich mittlerweile sogar wieder ihrer Mutter annähern, von der sie sich nie richtig angenommen fühlte. „Es ist noch ein weiter Weg, aber es tut so gut zu sehen, wie Vibha zu sich findet, eine Schule besucht und ihre Talente entdeckt“, berichtet Sr. Ranjana. Es sind die kleinen Dinge. Vibha liebt den Umgang mit Tieren und kümmert sich nachmittags liebevoll um einen Hund. In der Freizeit suchen sich die Kinder ihre Aufgaben im Zentrum. Denn es gibt viel zu tun: Das Haus ist eine Einrichtung, die sich selbst versorgt. Das Gemüse kommt aus dem eigenen Garten, die Hühner liefern die Eier und zwei Kühe geben so viel Milch, dass auch bedürftige Familien aus der Nachbarschaft daran teilhaben.

Ein modernes Modell der Kinderbetreuung

Neben dem Zentrum in Mannar unterhalten die Salvatorianerinnen auch eine Einrichtung in Wattala, nahe Colombo. Dieses Zentrum wurde bereits 2005 gegründet, um Kindern zu helfen, die ihre Familien durch den gewaltigen Tsunami verloren haben. Schon seit vielen Jahren steht hier im Fokus, die Kinder auf die Zeit „danach“ vorzubereiten. Bei den Schwestern leben die Kinder in einem geschützten Umfeld, aber es ist nicht das wirkliche Leben. Die Reintegration in die Welt außerhalb des Zentrums spielt von Beginn an eine wichtige Rolle. Die Kinder werden so früh wie möglich wieder an ihre Familien oder an nahe Verwandte herangeführt, sofern diese dazu bereit und in der Lage sind. „Unsere Aufgabe ist es, nicht nur für die Kinder zu sorgen, sondern ihre Rückkehr in eine stabile Umgebung zu ermöglichen“, erklärt Sr. Princy Fernandopulle aus Wattala.

Die Schwestern begleiten auch die Familien, bereiten sie auf die Rückkehr der Kinder vor und stellen sicher, dass sie ein förderliches Umfeld finden. „Kinder brauchen eine natürliche Umgebung, in der sie wieder Bindungen fürs Leben aufbauen können. Institutionelle Betreuung, wie wir sie bieten, sollte immer die letzte Option sein“, betont Sr. Princy.

Alltag zwischen Heilung und Neubeginn In den Zentren wird viel gelacht und gefeiert. Geburtstage werden bewusst groß begangen. Es vergeht kein Tag, an dem nicht gemeinsam gesungen, getrommelt und getanzt wird. „Das hilft den Kindern, die Vergangenheit loszulassen und nach vorn zu blicken“, erklärt Sr. Ranjana. Sriya, die jahrelang nicht zur Schule gehen wollte, bereitet sich zurzeit auf ihr Abitur vor. Seit sie das Zentrum verlassen hat, lebt sie mit ihrer leiblichen Schwester ganz in der Nähe. Sie blickt selbstbewusst in ihre Zukunft als Sozialarbeiterin oder Musikerin. Sr. Ranjana traut ihr beides zu und freut sich, dass Sriya bei wichtigen Entscheidungen immer wieder das Gespräch mit den Schwestern sucht.

„Was diese Kinder am meisten brauchen, ist Liebe und Fürsorge.“
Sr. Ranjana

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Dieser Bericht ist unserem Rundbrief entnommen. Hier geht es zum Download

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